„Komposition ist die Einheit mit der Umgebung.“ – Henri Cartier-Bresson

Die Basis der Komposition ist die Einheit mit der dich umgebenden Welt. In der Fotografie geht es um Verbundenheit und Präsenz. Fotografie ist viel mehr als sehen, betrachten oder beobachten. Es bringt alles zusammen: Energie, Schwingungen, Körperlichkeit und das visuelle Erleben. Ist alles vereint, ergibt sich das Ganze. Dabei bin ich der Aussenseiter, aber auch der Insider. Ich bin ein Fremder und ebenso ein Teil von ihnen. 

Es ist ein Paradoxon, zugleich schwer zu verstehen und doch leicht zu verinnerlichen.

Die Perspektive in der Fotografie bezieht sich auf die Art und Weise, wie das menschliche Auge eine Szene wahrnimmt und darstellt. Dabei spielt der sogenannte perspektivische Fluchtpunkt eine wichtige Rolle. Dieser bezieht sich auf den Punkt, an dem sich die sichtbaren Linien in einer Szene scheinbar treffen und somit den Eindruck von Tiefe und Räumlichkeit erzeugen.

„Die poetische Wahrnehmung ordnet Dinge gleichwertig nebeneinander an, anstatt sie in Bezug auf einen Fluchtpunkt darzustellen.“ – Cindy Sherman

Im Gegensatz dazu steht die poetische Wahrnehmung, bei der Dinge nicht in Bezug auf einen Fluchtpunkt dargestellt werden, sondern oftmals gleichwertig nebeneinander angeordnet sind. Ein gutes Beispiel dafür sind die Gemälde des niederländischen Malers Pieter Bruegel d. Ä., bei denen die Dinge auf einer Ebene dargestellt werden und kein Fluchtpunkt zu erkennen ist.

In diesem Sinne kann man sagen, dass das moderne perspektivische räumliche Denken von der Vorstellung des Fluchtpunkts geprägt ist, während die poetische Wahrnehmung eine andere Art von Raumerfahrung vermittelt, die die Dinge gleichwertig nebeneinander anordnet.

Eine zeitlose Wahrnehmung bezieht sich auf die Vorstellung, dass die Zeit nicht linear verläuft, sondern in wiederkehrenden Zyklen. Diese Vorstellung kommt in vielen alten Kulturen und Religionen vor und wird oft mit einer Vorstellung von Ewigkeit verbunden. In dieser Sichtweise kann alles, was in der Vergangenheit geschehen ist, auch in der Zukunft wiederkehren und umgekehrt.

Die Fotografie als Medium der Zeit und des Vergangenen verweigert sich dieser Erkenntnis, da sie das Abbilden von Momenten der Vergangenheit betont und somit einen linear verlaufenden Zeitbegriff vermittelt. 

Die Fotografie zeigt uns die Welt, wie sie in einem bestimmten Augenblick aussah, und erlaubt es uns nicht, diesen Moment wiederkehren zu lassen oder in einem anderen Kontext zu betrachten. Auf diese Weise kann die Fotografie zwar dazu beitragen, unsere Erinnerungen an die Vergangenheit zu bewahren, aber sie verweigert sich einer zeitlosen Wahrnehmung.

Doch Fotografie kann eine sehr kraftvolle Kunstform sein. Durch die Fähigkeit, bestimmte Momente in der Zeit einzufangen und festzuhalten, können Fotografen die Gefühle, Gedanken und Emotionen, die mit diesen Momenten verbunden sind, transportieren. 

Die Kunst der Fotografie ermöglicht es uns, durch das Bildfenster in andere Welten und Perspektiven einzutauchen und uns selbst auf eine tiefere Ebene mit der dargestellten Szene zu verbinden.

 

JR

Passers-by / Havana Centro / Cuba

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